BAföG Beschlusslage

2021 wir das BAföG 50 Jahre alt und ist die staatlich Förderung für deutsche Studierende bzw. sollte es sein. Aber weniger als 15% der Studierenden bekommen überhaupt BAföG. Dabei brächten die meisten der nichtgeförderten Studierenden Unterstützung bei der Finanzierung ihres Studiums.

Es braucht also Grundlegende Änderungen des BAföG und nicht immer kleine Mini-Reformen, die keine wirklichen positiven Auswirkungen auf die Förderungsrate haben.

Das StuRa-Plenum hat am 28.05. einen sehr umfassenden Beschluss zum Thema BAföG betroffen. Diese betreffen viele verschiedene Punkte und sind nicht als Gesamtkonzept zu verstehen. Es gibt bei dem Beschluss daraum eine Beschlusslage zu verschiedenen Punkten, die das BAföG betreffen, zu beschließen um möglichst zu vielen Fragen Aussagen treffen zu können.

Eine Erläuterung der einzelnen Punkte folgt demnächst, falls die Punkte nicht schon für sich selbst sprechen. Bei Fragen dazu kannst du dich auch gerne beim Referat Soziales melden.

Folgende Forderungen hat der StuRa beschlossen:

1. Finanzielle Rahmenbedingungen

1.1 Grundbedarf Wohnen

Der Grundbedarf für das Wohnen soll an die Mietstufen des Wohngelds am Studienort gekoppelt werden. Dadurch wird eine soziale Selektion vermieden, da sich sonst nur finanziell starke Studierende bestimmte Hochschulstandorte leisten können.

1.2 Einkommensgrenze

Die Einkommensgrenze soll auf 850 Euro gesetzt werden. Ausbildungsvergütung im Rahmen des Studiums soll wie normales Einkommen mit Freibetrag angerechnet werden.

1.3 Lehrmittelunterstützung

Der Grundbedarf soll eine Lehrmittelunterstützung von 150 Euro für alle Studierenden beinhalten, um beispielsweise die Kosten für Skripte und sonstige Materialien zu decken.

1.4 Erhöhter Grundbedarf bei chronischen Erkrankungen, Behinderungen oder psychischen Beeinträchtigungen

Bei chronischen Erkrankungen, Behinderungen oder psychischen Beeinträchtigungen, die mit einem erhöhten finanziellen Bedarf einhergehen muss das BAföG gestaffelt (orientiert am Mehrbedarf SGB II) erhöht werden, um die zusätzlichen Kosten zu decken. So könnte erreicht werden, dass alle Bedarf eines Studierenden über das BAföG abgedeckt werden. haben Studierende mit Beeinträchtigung das Recht auf Mehrbedarf nach SGB II.

1.5 Vollzuschuss

Das BAföG soll künftig als Vollzuschuss gezahlt werden.

1.6 Übernahme Kosten Kranken- und Pflegeversicherung

Die tatsächlich anfallenden Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung bis maximal zur Höhe der gesetzlichen Versicherung soll übernommen werden.

1.7 Elternunabhängigkeit

BAföG soll zukünftig elternunabhängig gezahlt werden.

1.8 Elternfreibeträge

Sollte eine Elternunabhängigkeit nicht durchzusetzen sein, fordern wir eine Anhebung der Elternfreibeträge auf die Höhe des laut Unterhaltstabelle vorgesehenen elterlichen Selbstbehaltes wie z.B. von der Düsseldorfer Tabelle  vorgegeben. Analog ist der Grundfreibetrag getrenntlebender Eltern anzuheben. Zudem fordern wir eine kontinuierliche Erhöhung angepasst an die realen Begebenheiten.

 

2. Zielgruppe der Förderung

2.1 Altersgrenzen

Wir lehnen jegliche Altersgrenzen im BAföG ab, da sie der Idee des Lebenslangen Lernens entgegen stehen. Gerade Studierende in fortgeschrittenem Alter haben einen erhöhten finanziellen Bedarf, da sie häufig Familienaufgaben wahrnehmen müssen. Als ersten Schritt muss die Altersgrenze um mindestens 5 Jahre angehoben sowie Erkrankung und Familienaufgaben wie die Pflege von Angehörigen als Verzögerungsgrund anerkannt werden.

 

3. Leistungsnachweis

Der Leistungsnachweis ist nicht mehr zeitgemäß und soll abgeschafft werden.

 

4. Studiengangs- und Fach(richtungs)wechsel

4.1 Wechsel im Master

Ein Fach- oder Studiengangswechsel muss auch im Master möglich sein.

4.2 Fristen

Alle Fristen zum Fachrichtungswechsel sind abzuschaffen. Eine Übergangsfrist wegen der später erfolgenden Hochstufung muss gewährleistet werden, falls die allgemeinen Fristen zum Wechsel nicht abgeschafft werden. Auch in diesen sollte eine Förderung gewährleistet werden.

4.3 2. Fachwechsel

Auch nach einem 2. Fach- oder Studiengangswechsel sollte eine Vollförderung weiter möglich sein. 

 

5. Praktika/Auslandssemester

5.1 Verpflichtende Praktika und Auslandsaufenthalte

Praktika im Inland, die verpflichtend in den Studienordnungen stehen, müssen generell für BAföG förderfähig sein, auch wenn die Studierenden dem Grunde nach nicht (mehr) förderfähig sind. Praktika im Ausland und Auslandsaufenthalte zum Studium, die verpflichtend in den Studienordnungen stehen, müssen generell für Auslands-BAföG förderfähig sein, auch wenn die Studierenden dem Grunde nach nicht (mehr) förderfähig sind.

5.2 Freiwillige Praktika

Auch freiwillige Praktika müssen im Rahmen von Profilierung und Weiterbildung möglich und förderfähig sein.

 

6. Familienfreundliches Studium

6.1 Anrechnung der Erziehungszeit für alle Erziehungsberechtigten

Derzeit kann nur ein:e Erziehungsberechtigte:r Verzögerungen im Studium aufgrund von Erziehungsaufgaben geltend machen und somit eine Verlängerung der Förderung beantragen. Da wir gemeinsame Kinder auch als gemeinsame Aufgabe sehen und Care-Arbeit nicht nur eine:n Erziehungsberechtigte:n betrifft, muss es allen Erziehungsberechtigten möglich sein, Erziehungsaufgaben als Verzögerungsgrund geltend zu machen.

6.2 Mehrbedarf zum Kinderzuschlag

Die alleinige Erziehung von Kindern, die Betreuung von mehreren Kindern oder die Erziehung von Kindern mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen und/oder psychischen Einschränkungen stellt häufig eine erhöhte finanzielle Belastung dar. Um studierende Eltern zu entlasten, muss in solchen Fällen der Kinderbetreuungszuschlag angemessen erhöht werden. 

Zudem sollte es zusätzliche Verlängerungsmöglichkeiten der Förderung geben.

6.3 Verlängerung der Förderungshöchstdauer für die Betreuung von Kindern über 10 Jahren

Auch wenn Kinder das 10. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen sie der Betreuung und Versorgung, sodass auch Studierende mit Kindern im Alter von 10 bis 14 eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer um je 1 Semester beantragen können sollten.

6.4 Pflege von Angehörigen

Die Pflege von Angehörigen muss als Verlängerungsgrund, unabhängig vom Pflegegrad, anerkannt werden. Hierbei sollte eine Verlängerung von bis zu 4 Semestern möglich sein.

 

7. Studieneingangsphase

7.1 Finanzierung zu Beginn des Studiums

Es muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass zu Beginn des Studiums gerade Studienanfänger:innen aus einkommensschwachen Familien entlastet werden. Hierfür wäre die Übernahme des ersten Semesterbeitrags ein probates Mittel. Zudem sollte für die weiteren Mehrkosten, die zu Studienbeginn entstehen, die Möglichkeit eines zinsfreien Studienanfangskredits analog zur Hilfe zum Studienabschluss geschaffen werden.

7.2 Orientierungsstudium

Ein Orientierungsstudium sollte gefördert werden und auch als solches anerkannt werden. Der Übergang zu einem anderen Studiengang sollte nicht als Fachwechsel gewertet werden.

 

8. Antragsstellung

8.1 Bundesweit einheitliche Antragsstellung

In allen Bundesländern soll ein einheitlicher E-Antrag geschaffen werden. Die Software muss vom Bund als Open Source bereitgestellt werden. In regelmäßigen Abständen muss die Software auditiert werden.

8.2 E-Akte

Es soll eine E-Akte geschaffen werden. Hier soll eine direkte Anbindung ans Finanzamt geschaffen werden, sodass ein Großteil der einzureichenden Dokumente überflüssig gemacht werden könnte.

8.3 Bescheinigung nach §9

Die Immatrikulationsbescheinigung muss ausreichen, sodass ein weiteres Formular überflüssig ist.

 

9. Zweitstudium

Die Regelung zur Förderung eines Zweitstudiums muss überarbeitet werden. Hierfür sollen die Härtefallregelungen erweitert werden.

Als Härtefall mit der Möglichkeit der Förderung soll beispielsweise auch behandelt werden, wer nach fünf Jahren keinen dem Erststudium entsprechenden Job gefunden hat oder glaubwürdig schildert, in diesem zukünftig keine Perspektive zu sehen.  

 

10. Information

Die bisherigen Informationskampagnen zum BAföG sind unzureichend. Die Aufklärungsarbeit in den Schulen muss intensiviert werden. So sollen gerade Studieninteressierte erreicht werden, die als Erste in ihrer Familie studieren würden, sollte mit Organisationen wie Arbeiterkind.de zusammengearbeitet werden, um bespielsweise bestehenden Ängsten vor Überschuldung entgegen zu wirken.

 

11. Teilzeitstudium/Studiengangsformen

Das BAföG muss sich endlich an die verschiedenen, real existierenden Studienformen anpassen. Hierzu zählt vor allem auch das Teilzeitstudium, das vollkommen förderfähig sein muss.

Bei Studiengängen, die einem Bachelor- und einem konsekutivem Masterstudium entsprechen (Diplom, Staatsexamen etc.), müssen Fristen wie die zur Förderung über die Förderungshöchstdauer verdoppelt werden um eine Gleichbehandlung zu gewährleisten. 

 

12. Regelmäßige Anpassung

Die Erstellung der regelmäßigen BAföG-Berichte der Bundesregierung muss umgesetzt und bei Nichterstellung sanktioniert werden. Die regelmäßige und verbindliche Anpassung der BAföG-Parameter an die Einkommens- und Preisentwicklung entsprechend der BAföG-Berichte der Bundesregierung muss gesetzlich verankert und umgesetzt werden.

 

13. Krankensemester

Bei Erkrankung während des Semesters, rückwirkender Nichtanrechnung eines Semesters auf Grund von Krankheit oder fortlaufender Erkrankung von mehr als drei Monaten Länge soll BAföG trotzdem weitergezahlt werden. Für die Monate/ Semester, in denen nicht studiert wurde, soll das BAföG-Amt einen Ausgleich vom Jobcenter fordern können. Den Studierenden soll diese Zeit nicht als Förderungszeit angerechnet werden. 

 

14. Förderungshöchstdauer

14.1 Verlängerung aufgrund von ehrenamtlichen Engagements

Ehrenamtliches Engagement im entsprechenden Umfang muss analog zur Nichtanrechnung von Studienzeiten aufgrund von Gremientätigkeiten positiv auf die Förderungshöchstdauer anzurechnen sein. Ausgenommen sind hier Tätigkeiten bei Parteien, Verbänden oder Gruppierungen, die sich der Verbreitung nationalistischen, anti-semitischen, homophoben, rassistischen oder anderweitig menschenverachtenden Gedankenguts verschrieben haben.

14.2 Durchschnittliche Studiendauer

Die Förderungshöchstdauer der Studiengänge ist auf der Grundlage der durchschnittlichen Studiendauer festzulegen, wenn diese die Regelstudienzeit überschreitet. Bei neu eingerichteten Studiengängen ist die Regelstudienzeit plus 2 Semester festzulegen.

 

15. Berücksichtigung der Situation Geflüchteter

15.1 Härtefallantrag für Geflüchtete

Es muss ein Härtefallantrag geschaffen werden, durch den geflüchtete Studierende eine elternunabhängige Förderung erhalten können, wenn sie dies begründen.

15.2 Verlängerung der Förderungshöchstdauer

Wenn die Studierenden nachweisen können, dass eine Eingewöhnungsphase zu Beginn ihres Studiums ursächlich für die entstandene Verzögerung ist, soll ihnen eine Verlängerung der Förderungshöchstdauer gewährt werden.

 

16. Personelle Ausstattung der Ämter für Ausbildungsförderung

Die Ämter für Ausbildungsförderung müssen personell so gut ausgestattet werden, dass die Anträge bei angemessener Mitwirkung zeitnah beschieden werden können.

 

17. Verzahnung BAföG mit anderen Sozialleistungen?

BAföG-Förderung soll den Lebensunterhalt sowie die Studiennebenkosten der Studierenden und ihrer minderjährigen Kinder umfassend während der gesamten Ausbildung abdecken. Dazu soll eine Verzahnung mit anderen Sozialleistungen insofern erfolgen, dass BAföG-Ämter vorrangig zuständig sind und gegebenenfalls ein Ausgleich erfolgt. BAföG-Förderung muss dann entsprechend mit seinen Regelungen auch das Drittel der Studierenden einbeziehen, die aktuell dem Grunde nach nicht förderfähig sind.