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Gerhard Stapelfeldt: Ein „Leben im Einklang mit der Natur“ – und mit der Gesellschaft
Vortrag von Gerhard Stapelfeldt
Ein „Leben im Einklang mit der Natur“ – und mit der Gesellschaft
Kritische Bemerkungen zur Klimaschutzbewegung ‚Fridays for Future’
Die Klimaschutzbewegungen eint, daß sie ihre Kritik auf die Erkenntnisse der naturwissenschaftlichen Klimaforschung stützen.
Luisa Neubauer hat, analog, ihre Utopie als ein „Leben im Einklang mit der Natur“ bestimmt.
Die Klimaschutzbewegungen eint somit: daß sie die politisch-ökonomischen, die gesellschaftlichen Ursachen der ‚Klimakrise’ nicht reflektieren; daß in ihrer praktischen (und theoretischen?) Kritik nicht der Anspruch enthalten ist, eine neue Gesellschaft zu entdecken.
Im Vortrag wird dieser gesellschaftliche Analphabetismus der Klimaschutzbewegung zunächst am Begriff der Natur entwickelt. Zu zeigen ist, daß das, was ‚Natur’ heißt, immer schon eine gesellschaftliche Setzung war, so daß die Vorstellungen von ‚Natur’ sich mit der Gesellschaftsgeschichte verändert, also eine eigene Geschichte haben. Die Utopie eines „Lebens im Einklang mit der Natur“ impliziert deshalb die konformistische Vorstellung eines Lebens im Einklang mit der bestehenden Gesellschaft.
Im Vortrag wird dieser gesellschaftliche Analphabetismus der Klimaschutzbewegung sodann an den Konsequenzen skizziert: 1) Apokalyptische Vorstellung von der Klimakrise als „größter Krise der Menschheit“. – 2) Selbstverständnis als „Weltretter“. – 3) Politisch-ökonomische Bewußtlosigkeit und Verschwörungsphantasien. – 4) Geschichtliche Bewußtlosigkeit. – 5) Utopie und Dystopie. – 6) Autoritär-konformistische Praxis. – 7) Pseudo-Radikalität.
Zum Abschluß wird die Frage erörtert, welche gesellschaftlichen Verhältnisse in der Kritik der Klimaschutzbewegungen erscheinen – warum also der gesellschaftliche Analphabetismus der Bewegungen nicht als subjektives Defizit aufzufassen ist, sondern als Ausdruck der Umstände.
Gerhard Stapelfeldt lehrte bis 2009 als Soziologie-Professor an der Uni Hamburg. Seitdem arbeitet er als freier Schriftsteller in Hamburg.