Bewusstsein des Ganzen. Totalität und Ideologie in der kritischen Gesellschaftstheorie

Datum: 
Donnerstag, 18. April 2024 - 19:00 - 22:00
Ort: 
objekt klein a, Meschwitzstr. 9, 01099 Dresden
Veranstaltet von: 
Referat Politische Bildung

Vortrag von Alex Struwe

Theodor W. Adorno sprach vom autoritären Charakter als einer Struktur individueller Einstellungen, die „niemals vom gesellschaftlichen Ganzen isoliert werden kann“. Dass sich Menschen Führer und Vaterland wünschen, mit Stärke und Souveränität gegen ihre Ohnmacht aufbegehren und sowohl die „Schwachen“ wie auch die geheimen Drahtzieher bestrafen wollen – all das lässt sich folglich nur als Ausdruck einer gesamtgesellschaftlichen Tendenz begreifen.
Damit sind zwei komplexe Fragen aufgeworfen: Lässt sich die Gesellschaft überhaupt als Ganzes – als Totalität – begreifen? Und was bedeutet dies für das Verhältnis von Gesellschafts- und Gedankenform? Der Zusammenhang von Bewusstsein und gesellschaftlichen Verhältnissen wird gemeinhin im Begriff der Ideologie gefasst: das berüchtigte „notwendig falsche Bewusstsein“, jenes Denken, das den Horizont des Bestehenden nicht überschreiten kann und damit an dessen Reproduktion selbst mitwirkt.
Damit aber fangen die Probleme erst an. Denn was wäre denn das Kriterium für ein „richtiges“ Bewusstsein? Und was schützt Theorie und Erkenntnis davor, selbst in Ideologie überzugehen? Wenn es eine gesamtgesellschaftlich bestimmende Tendenz gibt, die sich bis in die Bewusstseinsformen der Menschen nachvollziehen lässt, so heißt das im Umkehrschluss auch: Autoritarismus und seine Ideologie betreffen nicht nur die vermeintlich falschen Vorstellungen einer verblendeten Masse, sondern alle gesellschaftlichen Subjekte.
Der Vortrag liefert eine grundlegende Einführung in die Probleme kritischer Gesellschaftstheorie anhand der Begriffe Totalität und Ideologie. Im Denken Theodor W. Adornos und Louis Althussers werden dafür die Herausforderungen einer Kritik der Gesellschaft und ihrer Regression aufgezeigt – vor denen wir auch heute stehen.

Diese Veranstaltung findet im Rahmen der Ringvorlesung "Herrschaft bis in alle Ewigkeit? Zur gesellschaftlichen Konstitution des Autoritarismus" statt. Weitere Infos und Veranstaltungen hier.