Referat Politische Bildung

Veranstaltungen im Wintersemester 24/25

Antiautoritärer Marxismus – Eine Annäherung

Ort: GER/38/H
Zeit: 21. Oktober um 19 Uhr

In dem Vortrag nähern wir uns Aspekten eines antiautoritären Marxismus an, indem wir das antiautoritäre Element sowohl in der Marxschen Theorie als auch in den (meist) minoritären Praxen revolutionärer und kommunistischer Bewegungen aufzeigen. Die antiautoritäre Tradition ergibt sich dabei für uns etwa durch Bezüge auf Selbstverwaltung und -organisierung gegenüber einer auf den Staat fokussierten Revolutionstheorie, auf den Vorrang der Kämpfe gegenüber der revolutionären Organisation, auf das Einbeziehen kulturrevolutionärer Praktiken, die auch eine Veränderung des Alltags beinhalten müssen, sowie auf die Betonung der Heterogenität der Kämpfe.
In dem Vortrag möchten wir in zwei Teilen bestimmte historische Traditionslinien aufzeigen. Im ersten Teil geht es nach einer kurzen Einführung in die Marx’sche Theorie um antiautoritäre Praxen innerhalb der klassischen Arbeiter*innenbewegung, während der zweite Teil sich auf Fragen kulturrevolutionärer Praxis bezieht. Zum Abschluss ist Raum für eine gemeinsame Diskussion, warum eine Aktualisierung antiautoritäter Theorie und Praxis für eine radikale Linke heute notwendig ist und wo sie ansetzen müsste. Dies soll gerade auch in Hinsicht auf die zunehmende Sichtbarkeit von sogenannten „Roten“, d.h. neoleninistischen und maoistischen Gruppen in der radikalen Linken besprochen werden.

Die Vortragende hat einen Sammelband zu Hans-Jürgen Krahl und der antiautoritären Bewegung von 1968 mit herausgegeben und beschäftigt sich fortlaufend mit marxistischer Theorie und dem Erbe dieser Bewegung.

 

Julian Bierwirth: Einführung in die Kritik des Antisemitismus heute

Ort: POT/112/H
Zeit: 22. Oktober um 16:40 Uhr

Die Frage, was Antisemitismus ist und wie wir ihn erkennen können, ist ein zentrales Thema vieler aktueller politischer Debatten. Ausgehend von historischen Bildern der Judenfeindschaft sollen im Vortrag und der Diskussion aktuelle antisemitische Projektion dechiffriert werden.

Ein zentrales Element, dass wir uns dafür ansehen werden, ist antisemitische Vorstellung eines Gegensatzes zwischen einem vermeintlich fleißigen, aber betrogenen Volk und einer als parasitär wahrgenommenen äußeren Macht, die mit Juden und Jüdinnen identifiziert wird. Diesem Bild entspringen stereotype Gegenüberstellungen wie “ehrliche Arbeit” versus “raffendes Geld” und die Behauptung, Juden und Jüdinnen hätten keinen Bezug zum Konkreten, zur Heimat oder zur körperlichen Arbeit. Stattdessen werden sie als wurzellose Intellektuelle dargestellt, die angeblich nur von der Ausbeutung des “guten, arbeitenden Volkes” leben. Der Vortrag stellt dar, wie diese historischen Stereotype entstanden, wie sie sich in aktuellen Debatten manifestieren und wie sie im modernen Antizionismus fortleben. Dabei wird deutlich, wie alte antisemitische Bilder in heutigen politischen Auseinandersetzungen fortbestehen und oft unterschwellig wirken. Durch die Analyse dieser Zusammenhänge bietet die Veranstaltung Zugänge zum Erkennen und kritischen Hinterfragen antisemitischer Muster in der aktuellen politischen Debatte.

 

David Luys: Der Riss im Stoffwechsel – Klimawandel und Kapitalismus

Ort: GER/38/H
Zeit: 23. Oktober um 14:50 Uhr

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe, als der Club of Rome-Bericht The Limits to Growth im Jahr 1972 der Weltöffentlichkeit bekannt machte, wie stark sich das Weltklima durch die industrielle Produktion verändert und künftig aller Wahrscheinlichkeit nach verändern wird. Westlich wie östlich des Eisernen Vorhangs folgten kontroverse Debatten über die Stichhaltigkeit des Berichtes, sowie Forschungen und Konferenzen zum Umgang mit der neuen Realität. Bereits seit 1979 finden regelmäßig Weltklimakonferenzen der United Nations statt und auch an nationalen und lokalen Bekenntnissen, Vereinbarungen und Abkommen mangelt es nicht. Substanziell bewegt sich trotz alldem wenig: das Weltklima befindet sich weiterhin auf dem Weg in eine irreversible, letztlich große Teile der Menschheit bedrohende Erwärmung. Daran ändert weder die mit umfangreichen Forschungsgeldern ausgestattete und inzwischen in die mediale Öffentlichkeit drängende Klimaforschung noch die global vernetzte und professionalisierte Klimabewegung mit ihren vielfältigen Protestformen und ritualisierten Appellen etwas. Bekenntnisse bleiben Lippenbekenntnisse, Vereinbarungen werden ignoriert und Abkommen gebrochen. Erklärt wird diese „Untätigkeit der Politik“ allenthalben mit ihrer vermeintlichen Unwissenheit oder moralischen Verkommenheit. Was ist an diesem Vorwurf dran? Wieso also werden keine effektiven Maßnahmen zum Schutz des Weltklimas ergriffen, obschon bereits „alle Fakten auf dem Tisch liegen“, wie so manche Klimaaktivistin gern sagt? Im Vortrag wird mit Karl Marx und Johannes Agnoli argumentiert, dass a) der Klimawandel, sowie b) das Handeln der Staaten nicht ohne einen Begriff vom Kapitalismus erklärt werden können.

 

Franz Heilgendorff: Einführung in die Kritische Theorie

Ort: FrauenBildungsHaus (Oskarstraße 1 in 01219 Dresden)
Zeit: 25. Oktober um 13:00 Uhr

Kritische Theorie gilt als verschlossen, schwer verständlich, mühsam in der Aneignung, kurz als eine eher privilegierte Art des Denkens. Sie sei nicht dingfest zu machen, entzieht sich, sei gewissermaßen ein salamanderhaftes Denken, das einem entgleitet, das man nicht festhalten kann. Das ist richtig, aber nicht grundlos, vergegenwärtigt man sich, was in ihrem Zentrum steht: Zu erklären, wie das, was über die Menschen hinweg sich durchsetzt, sich durchsetzt vermöge ihrer selbst, vermöge ihrer eigenen Interessen. Kritische Theorie ist die Analyse des sich selbst unklaren gesellschaftlichen Bewusstseins und zielt auf die Erklärung gesellschaftlicher Formbestimmungen aus den Handlungen der Menschen. Sie ist damit nicht nur Ideologiekritik, sondern Kritik gesellschaftlicher Verhältnisse. Von Verhältnissen, welche die Menschen zur Ohnmacht und Apathie verdammen und doch von ihnen zu ändern wären, wie Adorno betont. Im Vortrag soll eines der zentralen methodischen Prinzipien erläutert werden, das der Formanalyse, mittels derer die Eigenschaften der Dinge (und die Dinge selbst) aufgelöst werden in die ihnen zugrunde liegenden gesellschaftliche Verhältnisse. So werden die in den Kategorien wie Staat, Geschlecht oder auch die Ware sedimentierten gesellschaftlichen Kämpfe denk- und damit veränderbar.

 

Natalia Fomina: Frankfurter Schule goes Mexico? Von der Heiligen Guadalupe, Großgrundbesitz und Gesellschaftskritik

Ort: GER/38/H
Zeit: 26. Oktober um 13:00 Uhr 14 Uhr

Was hat mexikanische Gesellschaftskritik mit Großgrundbesitz und der Heiligen Guadalupe zu tun – und wer ist das überhaupt? Was bedeutet es, Kritische Theorie in Mexiko zu betreiben? Was ist überhaupt Kritische Theorie? Die Kritische Theorie ist eine von Hegel, Marx und Freud genährte und spezifisch mit der deutschen Geschichte zusammenhängende theoretische Strömung. Sie stellt das Leben und Handeln nach dem durch Auschwitz herbeigeführten gesellschaftlichen Bruch zur Frage. Ich fasse unter Kritischer Theorie primär die erste Generation der Frankfurter Schule, also Theodor W. Adorno, Max Horkheimer, Erich Fromm, Franz Neumann und den assoziierten Walter Benjamin. Mexiko verbinden die meisten mit Tacos, Tequila, Kakteen, Drogen, traumhaften Karibikstränden und der US-amerikanischen rassistischen Grenzpolitik. Wichtig ist, dass Mexiko, wie der gesamte lateinamerikanische Kontinent, 500 Jahre in kolonialer spanischer, portugiesischer, britischer und französischer Fremdherrschaft stand. Über verschiedene Denker, darunter prominent Bolívar Echeverria und Stefan Gandler, gelang die erste Generation der Frankfurter Schule Mexiko und Lateinamerika. Dies wirft die Frage auf, wie die Kolonialgeschichte des Kontinents die Art und Weise, wie Kritische Theorie in Lateinamerika praktiziert wird, prägt. Ist es noch Kritische Theorie? Welche Bedeutung haben die Shoah und der Porrajmos, d.h. der Holocaust an Romn*ja und Sinti*zze, in der mexikanischen Gesellschaft? Und wieso soll man sich diese ganzen Fragen heute überhaupt stellen?? Zu dem Vortrag sind Studierende aller Fachrichtungen und ohne Vorwissen willkommen! Es bietet sich an, die anderen Vorträge des Referats für Politische Bildung oder des disput e.V. während der KRETA zu besuchen.

 

Podium: Zur Intersektionalität von Ideologien

Diskutanten: Maria Kanitz und Merle Stöver
Moderation: Paula Voigt
Ort: objekt klein a (Meschwitzstraße 9 in 01099 Dresden)
Zeit: 24. Oktober
Einlass: 18 Uhr
Start: 19 Uhr

Während sich die gesellschaftliche Linke entlang partikularer Kämpfe wie Antirassismus, Anti-Antisemitismus und Feminismus zunehmend gespalten zeigt, scheinen derartige „Konkurrenzen“ für rechte Akteure:innen kaum eine Rolle zu spielen. Im Gegenteil: Die Manifeste und Pamphlete der Attentäter von Halle, Christchurch oder Hanau verdeutlichen schmerzlich, dass Rassismus, Antisemitismus und nicht zuletzt Antifeminismus bzw. schlichte Frauenverachtung die ideologische Klammer des rechtsextremen Weltbildes formen.

Gerade in Zeiten, in denen Betroffenheiten gegeneinander ausgespielt werden, scheint es uns geboten, darüber ins Gespräch zu kommen, wie Ideologien der Ungleichwertigkeit ineinandergreifen und warum sie bisweilen nicht ohneeinander auskommen.

Für Diskussion und Austausch haben wir Maria Kanitz und Merle Stöver eingeladen, moderiert wird der Abend von Paula Voigt.

Maria Kanitz ist Antisemitismusforscherin mit Schwerpunkt auf Intersektionalität von Antifeminismus und Antisemitismus sowie Antisemitismus im Kunst- und Kulturbetrieb.

Merle Stöver ist Journalistin und forscht zu Antisemitismus, Antiziganismus und Sozialchauvinismus. Sie setzt sich schon lange mit Antisemitismus innerhalb feministischer Bewegungen auseinander.

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Bildungs- und Aktionswochen gegen Antisemitismus 2024 statt und ist Teil der Reihe “Auseinandersetzungen zur Gegenwart des Antisemitismus”, die von einigen Dresdner Gruppen in Kooperation organisiert wird. Mit dabei sind das objekt klein a, kosmotique e.V., das AZ Conni, AUDIOSCIPT.NET und die Pirnaer autonome Linke.

 

 

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Für vergangene Veranstaltungen schaut in den Reiter "Veranstaltungen PoB"

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Archive

Hier können alle noch erhaltenen Aufnahmen der Veranstaltungen gefunden werden, die in den letzten Jahren vom Referat für Politische Bildung organisiert wurden. Die Bibliothek wird stetig aktualisiert und ist unter dem Reiter "Lists" nach Reihen und Ringvorlesungen sortiert.

Infos bzgl. aktueller Veranstaltungen findet ihr unter dem Reiter "Veranstaltungen PoB" (rechts)

 

Über das Referat Politische Bildung:

Wir wollen Studierende motivieren, am gesellschaftspolitischen Leben - theoretisch wie praktisch - teilzunehmen und sich aktiv einzubringen. Sie sollen die notwendige Sensibilität entwickeln um herrschende gesellschaftliche Zustände kritisch zu hinterfragen und gesellschaftliche Debatten fundiert mitzubestimmen. Hierfür ist es unabdingbar, die in solchen Debatten immer schon vorhandenen und verwendeten Begriffe bezüglich ihres gesellschaftlichen Gehalts aufzuklären. Wo kommen die Begriffe historisch her, mit denen aktuelle gesellschaftliche Ereignisse gedacht werden? Treffen diese das gedachte Ereignis überhaupt noch und falls nicht, was hat sich verändert? Nur indem die vorausgesetzten Begriffe, die zur Erklärung gesellschaftlicher Ereignisse dienen sollen, aufgeklärt werden, können gesellschaftliche Ereignisse begriffen werden.

Insofern versteht das Referat Politische Bildung die Universität nicht als bloßen Ort des Wissenskonsums, als eine Meinungsfabrik, sondern als einen Raum der aktiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Denken und dem Denken der Gesellschaft.

Einen solchen Raum möchte das Referat Politische Bildung schaffen - und zwar gemeinsam mit den Studierenden. Habt ihr also Lust dies mit uns zu tun, dann kommt bei unseren Veranstaltungen vorbei, bringt euch aktiv ein und macht am besten gleich bei uns mit.

Beste Grüße,

euer Referat Politische Bildung

 

Referent*innen:
  • Paula Knischewski
  • David Luys
Kontakt: pob[at]stura.tu-dresden.de
Social Media
  • Instagram: https://www.instagram.com/refpob_tud/
  • Bluesky: https://bsky.app/profile/did:plc:uwixqwqndijuxl5f52jefyte
  • Wir haben außerdem einen regelmäßigen Newsletter. Wer darin aufgenommen werden mag, schreibe uns bitte eine Mail.
Sprechzeit: mit Voranmeldung
Mitglieder:
  • Pauline B.
  • Joel F.
  • Friederike K.
  • Paula K.
  • Alexander K.
  • Gwendal L.
  • David L.
  • Tim S.
  • Tom T.
  • Jakob W
     
Aufgaben:

Die Politische Bildung der Studierenden ist die Aufgabe des Referats Politische Bildung. Das bedeutet, Toleranz, Emanzipation und Kritikfähigkeit zu vermitteln und zu stärken und so demokratische Spielregeln bei den Studierenden zu verankern. Verständnis für politische Sachverhalte soll gefördert, und so das demokratische Bewusstsein gefestigt und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit gestärkt werden. Insbesondere zählt zu den Aufgaben des Referats Politische Bildung:

  • Organisation und Durchführung von geeigneten Veranstaltungen (z.B. Seminare, Podiumsdiskussionen),
  • Förderung der demokratischen Fähigkeiten der Studierenden - insbesondere der studentischen Gremienmitglieder - an der TU (z.B. Sensibilisierung für hierachische Strukturen in Diskussionen),
  • Regelmäßige Zuarbeit zu den Medien des StuRa (Internetseite und Newsletter) im Sinne der politischen Bildung und
  • Aufklärung der Student/inn/en über politische Gruppierungen an der Universität

Aus diesen Aufgaben ergbit sich die Notwendigkeit der engen Zusammenarbeit mit dem Referat für Öffentlichkeitsarbeit.