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Referat Politische Bildung
Anstehende Veranstaltungen
Zum Begriff der Natur, der Ökologie, der beschädigten Subjektivität:
Die Kritische Theorie des Karl Heinz Haag
Datum: 05.11.2025
Ort: TBA
Vortrag: Peter Kern
Beginn des Vortrags: 19 Uhr
Der Vortrag behandelt den Begriff der Naturwissenschaft, wie er für die Kritische Theorie
schulbildend war. Adorno und Horkheimer sahen sie eingepasst in die von ihnen beschriebene,
verhängnisvolle Dialektik der Aufklärung. Karl Heinz Haag untersucht die Methodik der
physikalischen Wissenschaften und sein Begriff ist präziser. Im Labor und unter dem Experiment
wird Natur zu einer von Masse, Ausdehnung, Geschwindigkeit und Energie bestimmten Größe.
Dass dies die ganze Natur sei, folgt nicht aus den Lehrsätzen der Physik oder der Chemie,
sondern aus denen der modernen, nachmetaphysischen Philosophien. Für diese gilt
unumstößlich: Um Naturprozesse zu begreifen, reichen die Naturgesetze völlig aus.
Haags an Kants Vernunftkritik anschließende erkenntnistheoretische Reflexion fördert dagegen
hervor: Damit ein Organismus entsteht, sind zueinander passende Stoffe und Gesetze verlangt,
aber diese Koordination bewirken die materiellen Stoffe und die beteiligten Naturgesetze nicht
aus sich selbst. Sie unterliegen einer Zwecksetzung, einem organisierenden Telos, sonst wäre
die lebendige Natur bloß die Summe ihrer Teile. Naturprozesse haben ihren verursachenden
Grund in einer naturwissenschaftlich nicht fixierbaren Dimension. Diese Dimension
auszublenden, Natur positivistisch, wesenlos zu denken, ist irrational. Das systemtheoretische
Paradigma der selbstreferentiellen Natur, das im Zufall die Verursachung komplexer Systeme
sieht, ist die ideengeschichtlich letzte Ausprägung dieser Irrationalität.
Haags Beitrag zur Kritischen Theorie formuliert den völligen Widerspruch zu den heute
vorherrschenden nachmetaphysischen Philosophien. Deren Axiom von der wesenlosen Natur
steht am Anfang der bürgerlichen Weltauffassung. Der Glaubenssatz entzieht der Kritik, was für
die ökologischen Katastrophen der Gegenwart ursächlich ist: Die ins Maßlose gesteigerte
Naturbeherrschung. Auch die Menschen gelten diesem Positivismus für wesenlos – die
kommode Anthropologie der kapitalistischen Gesellschaft. In ihr erfährt Individualität ihre große
Feier, aber die vereinzelten, in Konkurrenz zueinander gestellten Subjekte sind in Wahrheit völlig
depotenziert. Haag: „In einer wesenlosen Welt nehmen die wesenlosen Subjekte sich selber für
ihren eigenen Sinn.“ Ihr Vermögen zu Mitgefühl und solidarischem Handeln ist geschwächt.
Letzter Punkt des Vortrags: Wer war überhaupt Karl Heinz Haag? Der Kritischen Theoretiker
wird als ein Mentor der Emanzipationsbewegung in den westdeutschen, späten 60er Jahren
vorgestellt. Das Referat will ihn und diese Bewegung der Vergessenheit entreißen.
“Deutsche Arbeit”
Buchvorstellung: Arbeit, Dienst und Führung. Der Nationalsozialismus und sein Erbe
Datum: 06.11.2025
Ort: AZ Conni
Vortrag: Nikolas Lelle
Beginn des Vortrags: 19 Uhr
Die Deutschen und ihre Arbeit. Eine Geschichte des Stolzes. Eine Geschichte der Abwertung.
Eine Geschichte des Antisemitismus, die im Nationalsozialismus tödlich wurde. »Deutsche
Arbeit« sollte der Volksgemeinschaft dienen und wurde zum Instrument von Ausgrenzung,
Verfolgung und Vernichtung. »Arbeit macht frei« zum zynischen Programm des
Nationalsozialismus.Der Vortrag führt in die Geschichte und Gegenwart dieser Ideologie ein. Er zeigt, wie die
Überhöhung von Arbeit als kultureller Wert schon früh antisemitische Züge annahm. Wer nicht indieses Bild passte, wurde als fremd, nutzlos oder gefährlich erklärt. Im Nationalsozialismus erreichte diese Idee ihren mörderischen Höhepunkt: Arbeit wurde zum Kriterium der Zugehörigkeit – und zur Waffe gegen die als »Nicht-Arbeiter« oder »Schädlinge« markierten
Jüdinnen und Juden.
Gleichzeitig wurde Arbeit im Inneren der Volksgemeinschaft zum Mittel der Aktivierung. Arbeit
sollte nicht nur Last sein, sondern Einsatz, Dienst, Opferbereitschaft. Millionen Deutsche wurden
aufgerufen, ihre Arbeitskraft voller Hingabe einzubringen – für die Volksgemeinschaft. Diese
Ideologie schuf daher Bindung, formte Gemeinschaft, und legitimierte Gewalt und Vernichtung
im Namen einer höheren Arbeitsethik.
Der Vortrag fragt auch nach der Gegenwart: Wie viel von diesem Denken über Arbeit, Leistung
und Zugehörigkeit lebt bis heute fort? Wo werden die Fremdbilder der Nationalsozialisten wieder
aktualisiert? Welche Spuren hat die Verknüpfung von Arbeit, Gemeinschaft und Identität
hinterlassen?
An diesem Abend spricht Nikolas Lelle über die Geschichte eines Topos, der nicht nur die
Vergangenheit prägt. Es geht um Arbeit als Mittel der Disziplinierung, um ihre Rolle im
antisemitischen Vernichtungsprojekt – und um die Frage, wie tief diese Vorstellungen in unser
Denken eingeschrieben sind.
Antisemitsmus in der Popkultur
Datum: 13.11.2025
Ort: AZ Conni
Vortrag: Jakob Baier
Beginn des Vortrags: 19 Uhr
Ankündigungstext: TBA
Normal – Eine Besichtigung des Wahns
Ein Abend gegen Irrationalismus und instrumentelle Vernunft von und mit Thomas Ebermann & Thorsten Mense & Flo Thamer
Ort: objekt klein a | Meschwitzstraße 9 | 01099 Dresden
Informationen des oka zur Barrierefreiheit
Am 28.11.25
Einlass: 18:30 Uhr
Beginn: 19:30 Uhr
Eintritt frei
Pandemie, Klimawandel, Kriege, die Steuererklärung, der Verkehrsstau – Krisen über Krisen, und kein Ende in Sicht.
Die einen fliehen in den Verschwörungsglauben oder gleich vollends in den Faschismus. Sie sind die Endzeit-Krieger in Tierkostümen, folgen QAnon bis ins Capitol. Sie sind die Aluhut-Trägerinnen, die gegen Chemtrails und Impfzwang demonstrieren. Es sind die Reichsbürger, die Kämpfer gegen den »Great Reset« und den »Großen Austausch«. Auch die Incels sind mit dabei, mit ihrem Hass auf Frauen, der bis zu Morden eskalieren kann und in Manifesten gefeiert wird. Politisierter kollektiver Wahn – immer auf der Suche nach weltbeherrschenden Drahtziehern, die schuldig sind und meist Soros heißen.
Die anderen halten am gesunden Menschenverstand fest. Sie verteidigen den Experten gegen den Scharlatan, die Vernunft gegen den Wahn. Sie sind fleißig, halten Nationen und Eigentumsordnung für so natürlich, wie dass der Starke den Schwachen besiegen muss. Sie wissen, dass Kollateralschäden nicht schön, aber unvermeidbar sind: Die Hungernden, die Obdachlosen, die Erfrierenden in jedem Winter, die Ertrunkenen im Mittelmeer. Auch wenn sie Horoskope lesen, halten sie es dennoch für nicht ganz bewiesen, dass die Sterne unser Schicksal bestimmen – und sie lesen ja auch nur solche, die raten zu tun, was die Gesellschaft von den Menschen ohnehin verlangt.
Ihre Vernunft ist eine instrumentelle, Vernunft im Dienste der Unvernunft. Es geht nur um das Wie, nicht um das Wofür. Alles ist Mittel, um persönlich durch- und voranzukommen, sich und den Laden am Laufen zu halten. Effektivität ersetzt jeden Gedanken an eine menschenfreundliche Einrichtung der Welt. Erlaubt ist selbst im Denken nur, was nützlich ist. Lebenswert ist nur, wer produktiv ist. Normal ist, wer gesund ist und arbeiten kann. Der Weg von Selbstoptimierung zu Eugenik ist kürzer als das Laufband im Fitnessstudio: instrumentell-vernünftig und mörderisch-wahnhaft zugleich.
Das Lob der normalen Menschen hat gewaltig Konjunktur. Ob AfD oder Sahra Wagenknecht, ob in Österreich die Freiheitlichen oder hier der sozialdemokratische Kanzler, sie alle machen Politik, womit die Bild-Zeitung Werbung macht: Gefeiert wird der schlichte, anspruchs- und selbstlose, hart arbeitende Mensch, der von Intellektuellen, Lifestyle-Linken und Eliten verraten wurde. Im Lob der Normalen steckt zugleich Verachtung, sie haben immer den zynischen Zweck, ihre Borniertheiten und die gesellschaftlich beschissene Stellung der Subalternen zu verewigen – im Namen allergrößter Wertschätzung versteht sich.
Wie der normale Mensch steht auch die Normalität hoch im Kurs. Schon lange hat sich im allgemeinen Bewusstsein durchgesetzt, dass das Deutschland, das Auschwitz verbrochen hat, deshalb nichts negativ Besonderes sei, sondern Normalität für sich beanspruchen darf, wenn nicht sogar dafür bestimmt sei, wieder Verantwortung in der Welt zu übernehmen. Manchen reicht das nicht. Sie fordern »Deutschland, aber normal«, eine Normalität, die in der guten alten Zeit siedelte und durch Bevölkerungsaustausch, Genderwahn, Schmähung des bewährten Dieselmotors etc. untergegangen sei und also wiederbelebt werden müsse. Aber auch die Normalität, die in jeder Krise als rasch Wiederherzustellende versprochen wird, ist eine trostlose Hoffnung. Denn so wird sakral, was deshalb richtig ist, weil es ist – ohne den Zustand der Welt und das Leid seiner Opfer kritisch zu hinterfragen. Die »Stimme der Vernunft« lehrt, dass alles Utopische, alles Ausbrechen wollen, sich nicht mit dem Status Quo abfinden wollen, chancenlos und zum schmerzhaften Scheitern verurteilt sei. Aber der Normalzustand, »dass es so weitergeht«, ist die eigentliche Katastrophe.
Auf Bühne und Leinwand besichtigen wir – angemessen polemisch, satirisch wie analytisch, fragend und kritisierend – den ganz normalen Wahn und den Wahn der Normalität, das Pathogene im Normalen, und das Irrationale, das nicht das Gegenteil des Normalen ist, sondern aus diesem erwächst. Es wird so witzig, wie Adornos Stahlbäder lustig sind.
Mehr zu den Künstlern und zum Programm
Eine gemeinsame Veranstaltung von: Referat Politische Bildung des StuRa der TU Dresden und Weiterdenken – Heinrich-Böll-Stiftung Sachsen
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Für vergangene Veranstaltungen schaut in den Reiter "Veranstaltungen PoB"
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Archive
Hier können alle noch erhaltenen Aufnahmen der Veranstaltungen gefunden werden, die in den letzten Jahren vom Referat für Politische Bildung organisiert wurden. Die Bibliothek wird stetig aktualisiert und ist unter dem Reiter "Lists" nach Reihen und Ringvorlesungen sortiert.
Infos bzgl. aktueller Veranstaltungen findet ihr unter dem Reiter "Veranstaltungen PoB" (rechts)
Über das Referat Politische Bildung:
Wir wollen Studierende motivieren, am gesellschaftspolitischen Leben - theoretisch wie praktisch - teilzunehmen und sich aktiv einzubringen. Sie sollen die notwendige Sensibilität entwickeln um herrschende gesellschaftliche Zustände kritisch zu hinterfragen und gesellschaftliche Debatten fundiert mitzubestimmen. Hierfür ist es unabdingbar, die in solchen Debatten immer schon vorhandenen und verwendeten Begriffe bezüglich ihres gesellschaftlichen Gehalts aufzuklären. Wo kommen die Begriffe historisch her, mit denen aktuelle gesellschaftliche Ereignisse gedacht werden? Treffen diese das gedachte Ereignis überhaupt noch und falls nicht, was hat sich verändert? Nur indem die vorausgesetzten Begriffe, die zur Erklärung gesellschaftlicher Ereignisse dienen sollen, aufgeklärt werden, können gesellschaftliche Ereignisse begriffen werden.
Insofern versteht das Referat Politische Bildung die Universität nicht als bloßen Ort des Wissenskonsums, als eine Meinungsfabrik, sondern als einen Raum der aktiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Denken und dem Denken der Gesellschaft.
Einen solchen Raum möchte das Referat Politische Bildung schaffen - und zwar gemeinsam mit den Studierenden. Habt ihr also Lust dies mit uns zu tun, dann kommt bei unseren Veranstaltungen vorbei, bringt euch aktiv ein und macht am besten gleich bei uns mit.
Beste Grüße,
euer Referat Politische Bildung
| Referent*innen: |
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| Kontakt: | pob[at]stura.tu-dresden.de |
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| Sprechzeit: | mit Voranmeldung |
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| Aufgaben: |
Die Politische Bildung der Studierenden ist die Aufgabe des Referats Politische Bildung. Das bedeutet, Toleranz, Emanzipation und Kritikfähigkeit zu vermitteln und zu stärken und so demokratische Spielregeln bei den Studierenden zu verankern. Verständnis für politische Sachverhalte soll gefördert, und so das demokratische Bewusstsein gefestigt und die Bereitschaft zur politischen Mitarbeit gestärkt werden. Insbesondere zählt zu den Aufgaben des Referats Politische Bildung:
Aus diesen Aufgaben ergbit sich die Notwendigkeit der engen Zusammenarbeit mit dem Referat für Öffentlichkeitsarbeit. |
