Nazis auf dem Campus

Ende letzter Woche machte das Referat für politische Bildung per Pressemitteilung darauf aufmerksam, dass mindestens ein Security-Mitarbeiter beim Public Viewing hinter dem Hörsaalzentrum offen Thor – Steinar – Kleidung zur Schau trägt. Die Thematisierung dieses Umstands in den regionalen Medien führte dazu, dass die OrganisatorInnen des Public Viewings laut Eigenaussage die Security – Firma wechseln wollen. Gleichzeitig wurde uns vorgeworfen, das Problem an die Öffentlichkeit statt an die VeranstalterInnen getragen zu haben. Davon abgesehen, dass nach all den Skandalen um Nazis bei Security-Firmen (man denke nicht zuletzt an „Ihre Wache“) es eine Selbstverständlichkeit sein sollte, dass sich VeranstalterInnen ihr Security-Personal genauer anschauen, wollten wir verhindern, dass das Problem unter den Teppich gekehrt wird. Die schnelle Reaktion der OrganisatorInnen des Public Viewings gibt uns an dieser Stelle auch Recht; nicht zuletzt weil Nazis zumeist in erster Linie als Imageproblem gesehen werden.

Doch es sollte noch deutlich schlimmer kommen. Nach der gestrigen Campus-Party haben die VeranstalterInnen, die frisch gebackene Exzellenz-Uni und vor allem die Dresdner Konzertsicherheit und Service GmbH (DKS), welche die Security stellte, ein deftiges Imageproblem, dass jedoch ein durch und durch politisches, genauer gesagt: ein Naziproblem, ist. Für die Sicherheit des Festivals sollte nämlich ein who is who der regionalen Naziszene sorgen, unter ihnen der verurteilte Gewalttäter Willy Kunze, der die Angriffe auf türkische Imbisse in der Dresdner Neustadt zur Fußballeuropameisterschaft 2008 koordiniert hatte, und Christian Leister, der ebenfalls für die Beteiligung an diesen Angriffen und außerdem für zwei weitere politisch motivierte Gewaltverbrechen verurteilt wurde.

Frank Sperperg vom Orgateam der Campusparty weist die Schuld von sich und teilt die Kritik des Referats vollkommen, gibt aber zu, sich, was Nazis angeht, nicht besonders auszukennen.  Vielmehr sieht er die beauftragte Sicherheitsfirma, die Sperberg zufolge bisher nie negativ aufgefallen war, in der Verantwortung. Doch Dresden hat, wie sich in der Vergangenheit immer wieder bestätigte, ein durchgängiges Problem was Nazis bei Securityfirmen angeht. Dies machte auch Andrea Reck von der DKS deutlich, die auf die ständige Zusammenarbeit mit den vier anderen Dresdner Firmen in diesem Bereich bei größeren Veranstaltungen verwies. Letztendlich wurde die Mehrzahl der Securitybediensteten der Campusparty von „Subunternehmen“ der DKS, die Reck aus „datenschutzrechtlichen Gründen“ nicht nennen wollte, und mit ihnen zahlreiche bekannte Nazis, gestellt. Auf den ersten Blick ökonomisch begründbar führt dies jedoch auch zu der Situation, dass letztendlich jeder und niemand für die skandalöse Situation auf dem Campus der TU Dresden verantwortlich ist.

Selbst für die Pressearbeit der Campusparty war eine externe Firma namens „Medienkontor“, vertreten durch Peter Dyroff, verantwortlich. Dieser verglich die Arbeit des Referats für politische Bildung mit den „Methoden der Bild-Zeitung“ und wies angesichts der neuen Vorwürfe lapidar daraufhin, dass die Security-Mitarbeiter „ihren Job ordentlich“ gemacht hätten.

Die einen beschwichtigen, die anderen pflichten bei, aber keiner will wirklich für das, was in Dresden kein Einzelfall ist, verantwortlich sein. Andrea Reck, die stolz von „Multikulti“ unter den ihr unterstellten Sicherheitsbediensteten sprach (schließlich wären auch zahlreiche Angestellte russischer Abstammung dabei), will sich zumindest Christian Leister, dessen nähere Vergangenheit ihr bisher unbekannt war, genauer anschauen. Generell gälte aber, dass zwischen Arbeit und Privatangelegenheiten getrennt werden müsse und die „Jungs auf dem Platz alle saubere Arbeit geleistet“ hätten. Doch auch wenn hier nicht zuletzt das Ordnungsamt, das laut Reck Sperren und Freigaben für Securitybedienstete erteilt, in der Pflicht ist, Nazischläger wie Kunze und Leister von solchen Positionen fernzuhalten, müssen an dieser Stelle in erster Linie die Security-Firmen, die immer die Wahl haben, ob sie verurteilte rechte StraftäterInnen einstellen oder nicht, zur Verantwortung gezogen werden. Gerade im dubios anmutenden Netz Dresdner Sicherheitsfirmen kommt damit auch der Muttergesellschaft DKS eine entscheidende Rolle zu, die sie nicht einfach mit dem Verweis auf Subunternehmen abwälzen kann.