Campuscard auf dem Abstellgleis - Dresdner Verkehrsbetriebe setzen auf Smartphone-Zwang

Mit dem Beginn des Sommersemesters am 1. April 2024 haben die Studierenden der Technischen Universität Dresden die Möglichkeit, ihr Semesterticket bundesweit zu nutzen. Der damit jedoch einhergehende Zwang zu einem Handyticket wird vom Studierendenrat (StuRa), der die Verträge für das Semesterticket mit den Verkehrsbetrieben abschließt, jedoch mit gemischten Gefühlen gesehen.

Die Einführung des Deutschlandsemestertickets wird von vielen Studierenden als bedeutender Fortschritt gesehen. Allerdings hat die vom Verkehrsverbund Oberelbe (VVO) und Dresdner Verkehrsbetrieben (DVB) durchgesetzte technische Umsetzung als Handyticket-Lösung nicht nur Zustimmung gefunden und führt im Alltag der Studierenden zu Problemen. So verfügen nicht alle Studierenden über ein Smartphone. Darüber hinaus verlangt die Umstellung des Semestertickets auf Handytickets, dass alle Studierenden dieses auch immer ausreichend aufgeladen mitführen.

Die DVB bieten auf Anfrage beim Studierendenrat auch eine kostenpflichtige Lösung für Studierende ohne Smartphone an. Diese ist jedoch weder in Bezug auf Aufwand noch von den individuellen Kosten für die Betroffenen dem Handyticket gleichgestellt. Die Neuregelung sorgt insbesondere vor dem Hintergrund der kürzlich erfolgten Einführung des neuen Studierendenausweises (Campuscard), welcher Mensa- und Bibliothekskarte sowie Semesterticket in einer Chipkarte vereint, für erhebliche Verunsicherung.

Im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung zwischen der Universität, dem StuRa und der DVB AG, sowie weiteren Kooperationspartnern wurden nach jahrelanger Vorbereitungen im Sommersemester 2023 ein Studierendenausweis eingeführt, der den eTicket-Standard des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) erfüllt, welcher beispielsweise auch für die FAHRkarten der DVB genutzt wird. Diese Studierendenausweise entsprechen grundsätzlich auch den technischen Anforderungen des Deutschlandtickets, für eine deutschlandweite Nutzung sind aber Anpassungen erforderlich.

Aufgrund der Kurzfrisigkeit der Einführung hatten sich die Studierendenvertretung und die Verkehrsbetriebe gemeinsam darauf verständigt für das Sommersemester 2024 primär auf eine Handylösung zu setzen. Ziel sei es aber gewesen, für die folgenden Semester über technische Anpassungen an der Campuscard zu sprechen. In diesem Punkt haben die Dresdner Verkehrsbetriebe nun jedoch einseitig Fakten geschaffen.

Wie den Studierendenvertretern kürzlich mitgeteilt wurde, ist die DVB Ende März ohne Ankündigung aus dem Kooperationsvertrag zur Umsetzung eines Semestertickets auf der Campuscard ausgestiegen. Damit ist die Technische Universität nun nicht mehr in der Lage Chipkarten mit Semesterticket-Fahrberechtigung auszustellen.

„Wir nehmen mit großer Verwunderung zur Kenntnis, dass die DVB sich von einem frisch digitalisierten Chipkartensystem verabschieden will. Mit diesem einseitigen Schritt ist nach aktuellem Stand die Campuscard als Medium für das Semesterticket gestorben. Es stellt sich schon die Frage, ob nur wir Studierende schlechter behandelt werden sollen als alle anderen Kund:innen, oder ob die Tage der DVB-Chipkarten auch für andere Abokund:innen gezählt sind“, so Nikodim Brickwell, Referent Mobilität des Studierendenrates TU Dresden.

Ab dem 1. Januar 2025 fordern die Tarifbestimmungen des Deutschlandtickets, dass nicht nur Vor- und Nachname, sondern auch das Geburtsdatum digital auf den Chipkarten gespeichert sind. Nach heutigem Stand enthalten die von der DVB ausgegebenen Chipkarten diese Merkmale jedoch nicht, sodass diese für alle Bestandskunden mit einem Deutschlandticket bis Januar 2025 getauscht werden müssten. Nach Einschätzung des studentischen Verhandlungsteams ist es fraglich, ob die DVB bereit ist, alle Chipkarten zu tauschen oder auch hier auf eine Handyticket-Lösung wechseln möchte.

“Während andere Verkehrsbetriebe durch attraktive lokale Regelungen, wie zum Beispiel die Mitnahme von Fahrrädern in Leipzig, erfolgreich die Studierenden als zuverlässige Kunden gewinnen, scheinen die Dresdner Verkehrsbetriebe gegen diesen Trend zu arbeiten. Dies führt dazu, dass bei uns die Forderungen immer lauter werden, alternative Optionen zu prüfen.”, erklärt Cao Son Ta vom Referat Mobilität des Studierendenrates der TU Dresden.

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Hintergrundinformationen: Der Studierendenrat der Technischen Universität Dresden (StuRa TU Dresden) vertritt als gesetzliche verankerte Studierendenvertretung die etwa 30.000 Studierenden der TU Dresden. Das Referat Mobilität des StuRa ist unter anderem für das Semesterticket zuständig und verhandelt dieses für die Studierenden. Die Studierenden der TU Dresden zahlen zusammen im Rahmen des Semestertickets pro Jahr etwa 8,5 Millionen Euro und tragen so zu einem nicht unerheblichen Teil zur Finanzierung der Dresdner Verkehrsbetriebe bei. Für die Möglichkeit der Nutzung des MOBIbike-Systems zahlen die Studierenden zusätzlich noch einmal etwa 300.000 Euro pro Jahr an die DVB.