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Realismus der sozialen Form. Zum Problem der künstlerischen Darstellbarkeit des Kapitals
Kunst, die beansprucht, soziale Wirklichkeit auf kritische Weise zur Darstellung zu bringen, wird seit dem 19. Jahrhundert realistisch genannt. Folgt man der Gesellschaftsanalyse, die Marx im Kapital entwickelt, ist realistische Kunst, die nicht bei der Wiedergabe der Erscheinung sozialer Phänomene stehen bleiben, sondern zum Wesenskern derselben vordringen möchte, mit einem Problem konfrontiert: Die bestimmenden Kategorien sozialer Vermittlung – Wert, Geld, abstrakte Arbeit – sind dem Bereich empirischer Anschaulichkeit, in dem die Künste operieren, von vornherein entzogen. Das gesellschaftliche Verhältnis des Kapitals lässt sich nicht anschaulich darstellen.
Ausgehend von dieser Problembeschreibung sollen in dem Vortrag Perspektiven einer künstlerischen Kapitalismuskritik skizziert werden, die ich unter dem Begriff eines Realismus der sozialen Form fassen möchte. Im Vortrag werde ich mich auf Beispiele aus der jüngeren Gegenwartskunst konzentrieren und insbesondere die Filme und Installationen der kanadischen Künstlerin Melanie Gilligan diskutieren. Zugleich soll in historischen Rückblicken schlaglichtartig deutlich gemacht werden, dass die künstlerische Auseinandersetzung mit der kapitalistischen Gesellschaftsform eng mit der Geschichte des kritischen Realismus sowie marxistischer Kunsttheorien im 20. Jahrhundert verbunden ist.
Hinweis: einige von Melanie Gilligans Filmen können auf ihrer Website www.films-against-capitalism.com angesehen werden.