Norbert Trenkle: Die Verdichtung der Krise. Warum die kapitalistische Gesellschaft an sich selbst zerbricht

Datum: 
Donnerstag, 3. Juli 2025 - 19:00 - 21:00
Ort: 
objekt klein a
Veranstaltet von: 
Referat Politische Bildung

Dass die kapitalistische Gesellschaft sich in einer tiefen Krise befindet, ist in den letzten Jahren fast schon zum Gemeinplatz geworden. Vom Klimawandel über den Verfall der Demokratie bis hin zu den Verwerfungen am Weltmarkt – die Zukunft sieht düster aus. Aber hat der Kapitalismus nicht schon immer Krisen hervorgebracht und sie dann jedes Mal wieder überwunden? Was unterscheidet die gegenwärtige Situation von früheren Krisen?
Dieser Vortrag vertritt die These, dass die kapitalistische Produktions- und Lebensweise zunehmend an ihre historischen Grenzen stößt. Er bezieht sich dabei auf die Krisentheorie von Karl Marx, die allerdings wie vieles bei diesem Autor Fragment geblieben ist und deshalb erweitert und aktualisiert werden muss. Grundgedanke ist, dass der Kapitalismus einer historischen Wachstumsdynamik und Steigerungslogik unterliegt, die nicht nur ökonomischer Natur sind, sondern die gesamte Gesellschaft erfasst. Diese Dynamik wird angetrieben von den inneren Widersprüchen der kapitalistischen Vergesellschaftung, die nicht auflösbar sind, sondern sich nach jeder Krise, die sie hervorbringen, auf höherem Niveau reproduzieren.
Doch der historische Horizont für einen weiteren Aufschub von Krisen wird immer enger. Die Finanzialisierung des Kapitals, die in Reaktion auf die dritte industrielle Revolution stattgefunden hat, wird zunehmend prekär; die Zerstörung der Naturgrundlagen schlägt mittlerweile auch auf die ökonomische Dynamik zurück; und die innergesellschaftlichen und globalen Verteilungskämpfe lassen sich nicht mehr durch Wirtschaftswachstum und Externalisierung von Kosten befrieden. Hinzu kommen die politischen und subjektiven Reaktionen auf die allgemeine Bedrohungslage, die zunehmend regressiven Charakter annehmen.
Es liegt auf der Hand, dass dieser Entwicklung keine emanzipatorische Logik innewohnt. Auch bricht der Kapitalismus nicht einfach zusammen und verschwindet von der Bildfläche; vielmehr lebt er in verwilderter und brutalisierter Form fort, wenn er nicht durch eine emanzipative Bewegung aufgehoben wird.