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Peggy H. Breitenstein: Wider den Bann: Zur Dialektik der Naturgeschichte bei Marx und Adorno
Adornos zweites Modell aus der Negativen Dialektik, “Weltgeist und Naturgeschichte”, enthält die zugleich komprimierteste und anspruchsvollste Darlegung seines Geschichtsbegriffs. Zugleich schließt er hier – deutlicher als sonst in publizierten Schriften – an Marx an, habe dieser doch gegen Hegel erkannt: "Die Objektivität des geschichtlichen Lebens ist die von Naturgeschichte [...] und zwar streng im Zusammenhang mit dem über die Köpfe der Subjekte sich realisierenden Allgemeinen“ (ND, S. 347). Wesentlich ist allerdings die negativ-dialektische bzw. kritische Stoßrichtung der Rede von „Naturgeschichte“ resp. “Naturgesetzlichkeit”: „Die Naturgesetzlichkeit der Gesellschaft ist Ideologie, soweit sie als unveränderliche Naturgegebenheit hypostasiert wird. Real aber ist die Naturgesetzlichkeit als Bewegungsgesetz der bewußtlosen Gesellschaft, wie es das Kapitel von der Analyse der Warenform bis zur Zusammenbruchstheorie in einer Phänomenologie des Widergeistes verfolgt.“ (ND, S. 347)
Das so skizzierte kritische Konzept der Naturgeschichte steht im Zentrum dieses Vortrags. Gezeigt und gemeinsam diskutiert werden soll dabei, wie sich in ihm Analyse und Kritik von Gesellschaft und Geschichte verbinden und welche Alternativen Marx und Adorno entwickeln zur Aufhebung obsoleter Grundannahmen der klassischen Gesichtsphilosophie (z.B. Tendenz statt Telos, reale Möglichkeit statt Utopie, Widerstand gegen Regression statt Fortschritt).