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Peggy H. Breitenstein: Primat der Politik! Zu Benjamins “Reflexionen über den Begriff der Geschichte”
In einem frühen Entwurf zum Fragment gebliebenen “Passagenwerk” postuliert Benjamin programmatisch einen „Primat [der Politik] über die Geschichte“ (GS V/2, 1057). Damit redet er allerdings keiner Instrumentalisierung der Geschichte im Namen einer politischen Ideologie das Wort, sondern kündigt eine gänzlich neue Art der Geschichtsbetrachtung und Darstellung an. Wie diese aussehen kann, zeigt Benjamin am konzentriertesten in seinen Reflexionen „Über den Begriff der Geschichte“, die zugleich und zurecht als sein Vermächtnis gelten.
Diese Reflexionen, die darin entwickelten Ideen und Bilder (z.B. des Eingedenkens, der Revolution als Griff zur Notbremse, der Geschichte als mit Jetztzeit aufgeladener Konstruktion) stehen im Zentrum des Vortrags. Dargelegt und gemeinsam diskutiert werden soll dabei auch, welche Geschichtsvorstellungen Benjamin zufolge aufgrund ihrer Komplizität mit Herrschaft und Leiden unannehmbar sind (Fortschrittstheorien, Historismus), wie hingegen eine dialektisch-kritische Geschichtsschreibung aussehen kann, die sowohl „der jeweiligen konkret-geschichtlichen Situation ihres Gegenstandes“ als auch „der konkret-geschichtlichen Situation des Interesses für ihren Gegenstand gerecht“ (GS V/1, 495) zu werden versucht.