TU Leitbild

Zu Beginn des Sommersemesters haben sich Kristin Hofmann (Mitglied des StuRa) und Nick Wagner (Mitglied des Senats) entschlossen, eine Stellungnahme zum aktuellen Entwurf des Leitbildes der TU Dresden zu formulieren. Diesen hatte eine Arbeitsgruppe des Rektorats unter anderem im Unijoural veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Die vom StuRa bestätigte und in der 7. Ausgabe des Unijournals veröffentlichte Stellungnahme der Studierenden findet ihr hier.

 

Neue Brücken über alte Gräben

Stellungnahme von Studierenden der TU Dresden zum Leitbildentwurf

„Ein Leitbild ist eine Chance, unsere gemeinsamen Ziele, Stärken, und Ansprüche zu formulieren (...). [Es] (...) kann nur dann ein Spiegel der gesamten Universität sein, wenn sich alle Studierenden und Mitarbeiter im Wesentlichen mit diesem Leitbild identifizieren können.“ Der so vom Rektor der TU Dresden, Prof. Hermann Kokenge, formulierte Anspruch an ein Leitbild bringt die maßgebliche Aufgabe auf den Punkt: Es ist eine Identifikations- und Orientierungshilfe für alle Angehörigen der Universität. Doch inwiefern wird der vorgelegte Entwurf diesem Anspruch gerecht? Gelingt es jenseits der vom Zeitgeist geprägten Exzellenzrhetorik gemeinsame Ziele und grundlegende Werte sinnstiftend zu formulieren? Zwei Einwände, die wir als Studierende zur Diskussion stellen:

Exzellenz sollte als Anspruch, nicht Ziel verstanden werden

„Die TU Dresden strebt nach Spitzenleistungen im Wettbewerb der Universitäten um Exzellenz“, so heißt es im ersten Absatz des Entwurfes. Grundlage dieser Spitzenleistungen sind „höchste Qualität in Forschung, in Lehre und im Transfer dieser Leistungen“. In diesen ersten Zeilen wird das Dilemma des Entwurfs und seiner Fixierung auf Exzellenz als Ziel in zweierlei Weise sichtbar:

  1. Exzellenz steht seinem Wortsinn nach für eine herausragende Leistung bzw. Qualität oder anders formuliert, für Spitzenleistungen. Das Ziel der TU Dresden lässt sich dem Entwurf folgend als Streben nach Spitzenleistungen im Wettbewerb um Spitzenleistungen auf Grundlage von Spitzenleistungen definieren. Das Schlüsselwort der gegenwärtigen Hochschulreformen, verkommt zum Selbstzweck, zu einer sinnentleerten Phrase der Exzellenzrhetorik.
  2. Exzellenz bedeutet, dass Hochschulen, Fachbereiche, etc. als Ergebnis eines Wettbewerbes um beste Leistungen aus der breiten Masse herausgelesen werden. Der Schaffung einer kleinen Elite steht eine Vielzahl von Verlierern gegenüber. Denn allein der Logik des Wortes folgend, können nicht alle Universitäten und Fachbereiche exzellent sein. Diese Entwicklung ist bereits in den Profillinien der TU Dresden festgeschrieben.

Wie kann also eine sinnentleerte Phrase als gemeinsames Ziel aller Universitätsmitglieder dienen, die mehr Verlierer als Gewinner produziert? Wir meinen gar nicht!

Das Streben nach höchsten Leistungen gehört gleichberechtigt an die Seite andere Ansprüche, die wir an das alltägliche Handeln stellen. Neben der Beschäftigung mit den Folgen des Erkenntnisgewinns und dem verantwortungsbewussten Umgang mit dem Wissen, sind dies grundlegende Werte wie Ehrlichkeit oder Kritikfähigkeit. Nicht zuletzt ist Chancengleichheit im Sinne einer Gleichstellung von Frau und Mann sowie in der zunehmend wettbewerbsorientierten Vergabe von Mitteln zwingend notwendig.

Ein Leitbild sollte die Frage nach der eigenen Identität beantworten

Die Frage nach der eigene Identität beinhaltet gleichzeitig die Frage nach der – hochschulpolitisch geforderten – Unterscheidbarkeit von anderen Universitäten. Sie verlangt Aussagen zur eigenen Herkunft, zu Traditionen, in die wir uns stellen oder zu herausragenden Persönlichkeiten, auf die wir uns berufen. Zusammen mit (hieraus ableitbaren) Werten, Normen und Ansprüchen bietet sie die Identifikations- und Orientierungshilfe, die letztendlich von einem Leitbild erwartet wird.

Berufen wir uns auf die Wurzeln der Königlich Sächsischen Technischen Bildungsanstalt, so bestärken wir das gegenwärtig Bild der Hochschule als Technische Universität und drängen ihren Ausbau zur Volluniversität in den 1990er Jahren in den Hintergrund. Wir als Studierende werben vielmehr darum, dem Slogan der TU Dresden endlich gerecht zu werden, denn Wissen schafft tatsächlich Brücken:

  • Brücken zwischen den Fächern
  • Brücken zwischen Stadt und Universität
  • Brücken zwischen Vergangenheit und Zukunft

Die TU Dresden und ihre Vorgänger waren und sind Impulsmotoren für den technisch-industriellen Fortschritt der Stadt, gleichzeitig ist das Bild Dresdens maßgeblich von der Rolle als Kunst- und Kulturstadt geprägt. Dresden und sein Umland, das sind ein bedeutender Kultur- und Naturraum in Europa mit Welterbestatus. Mit all seinen Widersprüchen, ist er das ideale Forum für gesellschaftliche Diskussionen zwischen Innovation und Tradition, Kultur und Natur. Damit ist die Universität in der Pflicht, Impulse für eine verantwortungsbewusste gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung von Stadt und Region zu entwickeln. Dies bestimmt ihre Identität und wird nicht zuletzt in Querschnittsfächern wie Technikphilosophie, Umweltökonomie, Kulturgeographie oder Architektursoziologie deutlich, denen die Universität eine Heimat gibt. Mit der Verbindung von Natur- und Ingenieurwissenschaften, Medizin sowie Geistes- und Sozialwissenschaften hat die Universität das Potential nachhaltige Antworten auf drängende Zukunftsfragen zu geben. Damit leistet die TU Dresden einen aktiven Beitrag zur demokratischen, gerechten, sozialen und ökologischen Gestaltung der Gesellschaft.

Werden wir dem Motto (endlich) gerecht! Schaffen wir neue Brücken über alte Gräben! Schreiben wir ein Leitbild, das eint; das erreichbare Ziele definiert und Orientierung auf dem Weg dahin bietet!

Nick Wagner, Mitglied des Senats, und Kristin Hofmann, Mitglied des Studentenrates

Mitunterzeichner: Die Senatsmitglieder Gregor Fiedler, Diane Horn, Marcus Güttler, Frank Christian Ludwig, Christian Soyk sowie für den Studentenrat deren Geschäftsführer Armin Grundig, Enrico Lovász und Michael Moschke